Leinöl richtig auftragen auf Holz – eine Anleitung

Wenn Sie Ihr Werkstück fertig geschliffen und gründlich von Staub befreit haben, können Sie mit der weiteren Oberflächenbehandlung beginnen. In diesem Artikel erfahren Sie die richtige Vorgehensweise, wie man Leinöl auf Holz aufträgt.

1. Den Arbeitsplatz vorbereiten

Decken Sie zunächst den Fußboden und den Arbeitstisch mit Zeitungspapier oder Plastikfolie ab. Möglich ist auch eine Unterlage aus Sperrholz, welche man immer wieder verwenden kann. Ich selber nehme ein 5 mm starkes Pappelsperrholz. Es dient mir sowohl bei der Oberflächenbehandlung als auch beim Verleimen von Werkstücken als Unterlage. So ist der Arbeitstisch gut geschützt. Auf die Sperrholzplatte legen Sie zwei Leisten. Darauf kommt  das Werkstück, auf welches Sie das Leinöl auftragen wollen.

Der Leinöl Arbeitsplatz mit Sperrholz Unterlage, zwei Leisten und dem zu ölenden Werkstück (hier ein Fachboden).

Bereiten Sie am besten auch gleich einen Ort vor, an dem Sie Ihr Werkstück trocknen lassen wollen. Der Trockenprozess kann drei Tage und länger dauern, je nachdem welches Öl Sie verwenden. Aushärtendes Leinöl verbreitet einen intensiven Geruch. Darum ist es nicht empfehlenswert, Ihr Werkstück in Räumen zu trocknen, welche Sie in dieser Zeit als Wohnräume nutzen. Ich öle gerne vor dem Urlaub. So haben die Werkstücke viel Zeit, um gut durchzutrocknen.

2. Die Ausrüstung für den Leinölauftrag

Leinöl lässt sich auf verschiedene Weise auftragen: beispielsweise mit Lappen, Schwämmen, Pinsel oder Rolle. Ich wähle gern eine preisgünstige Variante und zerschneide alte, ausrangierte Kleidungsstücke aus Baumwolle. So erhalte ich Baumwolllappen, die ich für solche Zwecke gut einsetzen kann. Wichtig ist nur, dass diese Textilien beim Auftragen des Leinöls keine Fasern oder Flusen in der Fläche hinterlassen.

Da Leinölflecken aus Textilien kaum herauszubekommen sind, ziehen Sie am besten alte Kleidung an. Die Hände schützen Sie mit Einmalhandschuhen.

Nun füllen Sie das Leinöl in ein kleineres Gefäß um. Das größere Gefäß verschließen Sie sofort wieder. So schützen Sie das Leinöl vor Hautbildung und verhindern einen größeren Schaden, der entstehen würde, wenn das Gefäß versehentlich umkippt.

3. Vorgehensweise beim Auftrag des Leinöls

Bis ein Werkstück aus Holz fertig geölt und gebrauchsfähig ist, müssen Sie mehrere Schritte durchlaufen: Zunächst erfolgt ein erster Ölauftrag, bei dem das Holz so viel Öl wie möglich aufnehmen sollte. Anschließend reibt man überschüssiges Öl gründlich ab und lagert das Werkstück zum Trocknen. Ist das Werkstück ausreichend getrocknet, erfolgen ein Zwischenschliff und ein zweiter Ölauftrag. Nach diesem Ölauftrag lagert man es wieder zur  Trocknung, bis man es dann in Gebrauch nehmen kann.

Erster Auftrag des Leinöls

Ziel beim ersten Ölauftrag ist es, das Holz so tief wie möglich zu tränken. Dies ist am besten bei Raumtemperaturen von mehr als 20°C möglich. Bei niedrigen Temperaturen ist das Leinöl zu zähflüssig, um gut in die Holzoberfläche einzudringen.

Tragen Sie das Öl zügig längs zur Faser auf.
Nun vertreiben Sie das Öl quer zur Faser und reiben es in die Oberfläche ein.
Tragen Sie das Öl satt aufs Werkstück auf. Das Holz soll so viel Öl wie möglich aufnehmen.
Im Gegenlicht zeigen sich Stellen, welche besonders stark gesaugt haben.
Achten Sie auf das Hirnholz, welches mehr Leinöl aufnimmt als der Rest der Fläche. Die abgebildete Kante der Dreischichtplatte zeigt in der Mittellage Hirnholz.

Man ölt „nass in nass“ nach. D.h. man trägt neues Öl auf die Fläche auf und verteilt vorhandenes Öl gleichmäßig.

Überschüssiges Öl abreiben

Achtung: Während der ersten 15 bis 20 Minuten ist das Ziel, das Holz möglichst tief mit Öl zu tränken. Dies erreichen Sie, indem Sie wiederholt nachölen, kräftig reiben und massieren. Nutzen Sie die Bearbeitungszeit von 15 bis 20 Minuten ganz aus. Ist deren Ende jedoch erreicht, ist es ratsam konsequent umzuschalten.

Nun reiben Sie mit einem trockenen Lappen mit Druck über die Fläche. Alles Öl, welches jetzt noch nicht in die Oberfläche eingedrungen ist, reibt man ab. Es sollte kein Öl auf der Fläche zurückbleiben.

Urban woodworking Tipp: Achten Sie beim Trockenreiben besonders auch auf die Ecken. Dort sammelt sich das Öl nämlich während des Auftrags an. Dies bezieht sich besonders auf die Ecken innerhalb des Korpus und die Ecken im Bereich der Rückwand. Jede Stelle, an der Leinöl auf der Fläche zurückbleibt, härtet nicht vollständig aus. Das nicht eingedrungene Öl bildet einen klebrigen, zähelastischen Film und sorgt für einen lang anhaltenden Leinölgeruch.

Untergelegte Leisten hinterlassen in der Fläche sichtbare Spuren. Stellen Sie darum die geölte Platte auf die Hinterkante. Untergelegte Leisten verringern die Standfläche. An möglichst jede geölte Stelle sollte Luft gelangen.

Sicherheitshinweis: Leinölgetränkte Lappen bitte nach dem Gebrauch umgehend aus dem Haus bringen. Lappen, Schleifpads, Pinsel und ölgetränkter Schleifstaub sind selbstentzündlich und sollten umgehend aus dem Haus gebracht werden!

Die erste Trocknungsphase
– d
as geölte Werkstück richtig lagern –

Haben Sie alles überschüssige Öl abgerieben, tragen Sie  das Werkstück zum vorbereiteten Trockenort. Stellen Sie das Werkstück so auf, dass es möglichst wenig Berührungsflächen mit dem Lagerort hat. Denn diese Stellen führen in der geölten Fläche oft zu sichtbaren Unregelmäßigkeiten.

Einen Fachboden stellen Sie mit der Hinterkante auf zwei Unterlegleisten und lehnen ihn an eine Wand. So hat der Fachboden kaum Berührungsflächen. Möbelkorpusse stellt man grundsätzlich auf die Hinterkante. So bleiben eventuelle Streifen durch die Unterlegleisten außerhalb des Sichtbereichs.

Reiben Sie nach dem Abstellen Ihres Werkstücks noch einmal über die Stellen, an denen es während des Ölens auf den Unterlegleisten gelegen hat. So vermeiden Sie Abdrücke der Leisten in der Fläche. Verwenden Sie dazu den Lappen, welchen Sie auch beim Trockenreiben verwendet haben.

Leinöl trocknet besonders gut unter dem Einfluss von Licht und Wärme. Der ideale Trockenort ist demnach warm und befindet sich in der Nähe eines Fensters.  Indem Sie  Platten und Korpusse auf Leisten lagern, gelangt auch die Luft an die meisten Stellen hin, was für den Trocknungsprozess wichtig ist.

Vor dem zweiten Ölauftrag erfolgt ein Zwischenschliff mit 220er bis 240er Körnung.

Zwischenschliff und zweiter Auftrag des Leinöls

Bei dem Öl, welches ich einsetze, warte ich 10 bis 15 Tage bis zum zweiten Ölauftrag. Bei Ölen mit beigemischtem Trockenstoff verkürzt sich die Trockenzeit auf ein bis drei Tage. Sie sind nach dieser Zeit so weit getrocknet, dass man den zweiten Ölauftrag machen kann.

Die geölte Fläche ist nun schleiftrocken. Mit einem 220er Schleifpapier erfolgt ein Zwischenschliff. Dabei schleift man aufgestandene Holzfasern weg. Der Zwischenschliff erfolgt mit wenig Druck und ist abgeschlossen, wenn sich die Fläche glatt und weich anfühlt.

Der erste Ölauftrag hat das Holz bereits weitgehend versiegelt. Beim zweiten Ölauftrag benötigt man deutlich weniger Öl, weil viel weniger davon in die Oberfläche eindringt. Der zweite Auftrag macht die Fläche stabiler und steigert deren Widerstandskraft gegen Flüssigkeiten. Auch nach dem zweiten Ölauftrag reiben Sie das überschüssige Öl von der Fläche ab.

Beim zweiten Ölauftrag verbraucht man deutlich weniger Leinöl für die gleiche Fläche. Man sollte auch beim zweiten Ölauftrag sehr gründlich überschüssiges Öl von der Fläche nehmen.

Abschließende Trockenzeit

Die Trockenzeit nach dem zweiten Ölauftrag beträgt zwei bis sechs Wochen. Erst dann ist die Geruchsbelästigung verschwunden und das Möbel kann benutzt werden. Was den Ort und die Art der Lagerung betrifft, gelten generell die gleichen Prinzipien wie bei der Lagerung während der ersten Trocknungsphase.

Urban woodworking Tipp: Haben Sie es jedoch nicht eilig, lagern Sie die geölten Stücke auf dem Dachboden oder in einer Garage. Meist sind diese Orte eher kalt und dunkel, was die Trockenzeit verlängert. Bis das geölte Stück getrocknet ist, dauert es dann zwar länger, dafür steht es in der Wohnung nicht im Weg und stört nicht durch seinen Leinölgeruch.

Auch nach dem zweiten Ölauftrag sollten Sie dem Leinöl ausreichend Zeit zum Aushärten geben. Die geölten Werkstücke lasse ich an einem Ort trocknen, an dem sie nicht im Weg sind und auch der Leinölgeruch nicht stört.

Urban woodworking Tipp: Konsequent ökologische Leinöloberflächen erfordern viel Geduld. Schließlich wird man jedoch belohnt mit durch und durch gesunden Möbeln. Hat man auf Trockenstoffe verzichtet, zahlt sich das auch bei der Auffrischung der Möbel aus. Denn bei der Auffrischung geölter Flächen schleift man diese an. Im anfallenden Schleifstaub ist dann kein Trockenstoff enthalten.

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2 Gedanken zu „Leinöl richtig auftragen auf Holz – eine Anleitung“

  1. Hallo vielen Dank für die gute Anleitung. ich habe ein stück Eichenholz 400x600mm kann man es theoretisch auch in leinenöl einlegen und es 1 woche darin liegen lassen das es sich vollsaugt, dann rausnehmen und trocknen lassen. vielen dank schon mal.

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