In diesem Artikel beantworte ich Ihnen folgende Fragen: Was passiert eigentlich, wenn wir Holz schneiden? Was bedeutet Schärfe überhaupt? Und warum ist scharfes Werkzeug für die Holzbearbeitung so wichtig?
Scharfes Werkzeug ist die Grundvoraussetzung für gute Holzbearbeitung
Sie wundern sich vielleicht über die fantastische Qualität so mancher handgemachter Möbel: passgenaue Holzverbindungen, sauber gehobelte Kanten und glatte Oberflächen. „Wie kann man nur zu so großer Meisterschaft gelangen?“ fragen Sie sich.
Ich kann heute sagen, dass ohne scharfes Werkzeug keine gute Handbearbeitung von Holz möglich ist. Für mich selbst war das auch nicht von Anfang an klar. Mein Werkzeug war zuerst nur mäßig scharf. Erst als ich begann, meine Werkzeuge von Hand auf japanischen Wassersteinen zu schärfen, wurden die Schneiden richtig scharf.
Ich musste jedoch lernen, dass es Geduld und viel Übung braucht. Ähnlich wie bei der Holzbearbeitung ist man mit dem Thema Schärfen nie ganz fertig. Das gilt sowohl für den praktischen Teil als auch für den theoretischen Hintergrund. In der Praxis lernt man, wie man das Werkzeug über den Stein bewegt. In der Theorie eignet man sich Wissen an über den Stahl, über die Qualität von Wassersteinen, über die Schneidengeometrie der Werkzeuge und über den Aufbau eines Schärf-Arbeitsplatzes.
Auch im Hartholz gelingen mit scharfen Schneiden saubere Holzverbindungen.
Was passiert, wenn wir Holz schneiden?
Ist die Schneide scharf, durchtrennt sie die Holzfasern. Dadurch entsteht ein sauberer Schnitt. Ist die Schneide jedoch stumpf, drückt sie die Holzfaser in Schnittrichtung weg ohne sie zu durchtrennen. Erst wenn der Druck groß genug ist, reißt die Holzfaser. Die Folge ist eine unsaubere Schnittfläche. Man sieht kleine Risse. Und wenn man mit der Hand darüberfährt, fühlt sich die Fläche rau an.
Vorteile scharfer Schneiden
Zuerst sind die sauberen Arbeitsergebnisse zu nennen. Passgenaue Holzverbindungen, sowie saubere Kanten und Flächen lassen sich nur mit scharfem Werkzeug erzielen. Zudem erleichtern scharfe Schneiden das Arbeiten. Man benötigt einfach weniger Kraft. Muss ich weniger Kraft aufwenden, kann ich mein Werkzeug besser steuern. Das erleichtert nicht nur meine Arbeit, sondern reduziert zudem noch die Unfallgefahr. Denn arbeitet man mit viel Kraft rutscht einem das Werkzeug leichter ab, und man läuft Gefahr sich zu verletzen.
Was bedeutet Schärfe?
Das Ideal von Schärfe sind zwei Flächen am Werkzeug, welche sich treffen. An dem Punkt, an dem sie sich treffen, der Schneide, findet man keinerlei Rundung. Dieser Idealzustand existiert jedoch nur in der Theorie.
In der Praxis befindet sich an den Schneiden unserer Holzbearbeitungswerkzeuge immer eine kleine Rundung. Diese sollte jedoch so klein wie möglich gehalten werden. An einem stumpfen Werkzeug findet man im Schneidenbereich eine größere Rundung, welche man manchmal sogar mit bloßem Auge erkennen kann. Man sieht dann einen hell reflektierenden Streifen im Schneidenbereich. Ziel des Schärfens ist, den Radius dieser Rundung so nahe wie möglich an Null zu bringen. Dies geschieht durch Materialabtrag.
Wie kann man Schärfe anschaulich machen?
Schärfe lässt sich vergleichen mit der Konzentration von Kraft auf eine möglichst kleine Fläche. Je kleiner die Fläche, desto tiefer dringt eine Schneide bei gleichbleibender Kraft ins Material ein. Anschaulich wird dieser Sachverhalt, wenn man sich vorstellt, dass man mit Schneeschuhen im tiefen Schnee läuft. Die Schneeschuhe haben eine größere Solenfläche als unsere normalen Straßenschuhe. Deswegen sinkt man mit Schneeschuhen nur wenig ein, während man mit normalen Schuhen tief einsinken würde.
Was bedeutet schärfen?
Ein Werkzeug zu schärfen bedeutet, auf einer oder beiden sich treffenden Flächen so lange Material abzutragen, bis die Rundung an der Schneide verschwunden ist. Der Radius der Rundung an der Schneide geht dann gegen Null. Ganz Null ist in der Praxis nicht möglich und auch nicht notwendig. Wir werden in einem weiteren Artikel noch sehen, dass es ausreicht, auf japanischen Wassersteinen bis zu einer Körnung von 6000 oder 8000 zu schleifen, um eine erstklassige Schärfe zu erreichen.
Unterschied von Schärfen und Abziehen
Man unterscheidet zwischen dem Schärfen und dem Abziehen. Beim Schärfen geht es um den Materialabtrag. Geschärft wird dabei mit einer Körnung von 220 bis 1000. Bei Stemm- oder Hobeleisen bearbeitet man beim Schärfen nur die Fase. Auf der Metalloberfläche entstehen dabei Kratzer. Diese schleift man beim Abziehen weg. Bei Stemm- oder Hobeleisen bearbeitet man beim Abziehen sowohl die Fase als auch die Spiegelseite. Dies geschieht in mehreren Schritten beginnend mit Körnung 3000; und dann mit Körnung 6000 und 8000. Sind sowohl Fase als auch Spiegelseite bis zur Schneide hin sauber poliert, ist das Werkzeug scharf.
In weiteren Artikeln erkläre ich das Schärfen auf Japanischen Wassersteinen und deren Lagerung, Pflege und Funktion.
Artikel, welche noch interessant sind zum Thema Handbearbeitung, Schärfen und Werkzeug:
- Japanische Stemmeisen – eine kurze Einführung
- Hobeln von Holz mit einem Hand Hobel
- Einen europäischen Holzhobel einstellen
- Japanische Wassersteine und Trockenschleifmaschinen im Vergleich
- Industriell hergestellte japanische Wassersteine: Vorteile und Funktion
- Die Eigenschaften von Stahl bei Stemmeisen und Hobeleisen
Weiterführende Fachliteratur:
Ein gutes Buch zum Thema Schärfen ist das „Handbuch Schärfen“ von Ron Hock. Behandelt werden verschiedene Schärfmethoden. Der Inhalt geht weit über das Themenfeld „Japanische Wassersteine“ hinaus.
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